Im folgenden Beitrag sind die Begriffe: Bewusstsein, Seele und Psyche analog zu verstehen.

Der Mensch hat ein Bewusstsein. Man sollte vielleicht viel zutreffende Weise sagen, das Bewusstsein hat einen Menschen und erfährt sich selbst im Menschen.  Das menschliche Bewusstsein ist das Zentralste, was wir haben. Es ist das, was unser Leben und Erleben steuert und möglich macht.

Der moderne Mensch lenkt allerdings fast seine gesamte Aufmerksamkeit auf das Materielle und beschränkt das Lebendige in sich auf den eigenen Körper. Aber ist das nicht so, dass der Körper nur das Gefäß ist, in dem sich das Bewusstsein als Mensch erfährt? Ein Gefäß, in dem unsere Prozesse ablaufen? Ein gutes Beispiel dazu liefert der Film Avatar (siehe Empfehlungen). Der Mann im Rollstuhl steuert durch die Kraft seines Geistes einen Avatar und erlebt sich selbst als ein anderes Wesen in einer für ihn bis dahin unbekannten Welt. So ähnlich ist es mit uns. Wir „bewohnen“ einen menschlichen Körper und machen gemeinsam mit und in ihm eine menschliche Erfahrung.

Für den materiellen Körper sind wir bereit viel zu tun. Wir gehen ins Fitnessstudio, wir achten auf unsere Ernährung, achten auf gute Qualität unserer Schlafmatratzen, wirbelgerechte Bürostühle, usw.. Wir sind bereit, unseren Körper zu pflegen. Das ist sehr gut, lobenswert und schön aber verglichen mit der Innenschau relativ harmlos und zweitrangig. Für jeden von uns wird der Tag kommen, an dem der Körper an die Erde zurück übergeben wird und somit auch die menschliche Reise mit diesem Körper beendet wird. Was bleibt, sind all die Erfahrungen und Erlebnisse, die wir mitnehmen. Somit lohnt es sich, sein Bewusstsein zu pflegen, sich mit der eigenen Innenwelt auseinander zu setzen.

Bei dieser Auseinandersetzung geht es aber nicht darum, was uns oft suggeriert wird, sich selber besser, arbeitsfähiger, leistungsstärker, spiritueller zu machen. Es geht viel mehr darum, sich mit sich selbst zu beschäftigen. In einer mir bekannten Schöpfungsgeschichte fragt Gott seine hochrangigen Engel, wo er am besten auf Erden den größten Schatz vor dem Menschen verstecken soll. Da schlägt ein Engel vor: Am besten auf dem höchsten Berg, dort kommt der Mensch nie hin. Ein anderer Engel macht den Vorschlag, den größten Schatz in den Tiefen der Ozeane zu verstecken. Gott ist aber mit beiden Vorschlägen nicht ganz zufrieden, weil er weiß, irgendwann wird der Mensch den höchsten Berg erklimmen und in die Tiefen der Meere und Ozeane eindringen. Und während Gott so langsam verzweifelt nach einer Lösung sucht, kommt plötzlich ein weiterer Engel zu Gott und sagt: Ich weiß, wo wir den Schatz vor dem Mensch verstecken sollen! Wir verstecken ihn im Menschen selbst, in seinem Herzen, dort wird er nie suchen.

Und so geschah es und so ist es bis heute. Wenn der Mensch in der Außenwelt sucht, wird er Vieles finden und Vieles wird ihm auch sehr gefallen. Den größten Schatz, wird er aber so nie finden und seine Suche wird frustrierend und rastlos sein.

Ja, aber was ist das, der Schatz Gottes? In der Begründung der Aufforderungen von Delphi „Erkenne dich selbst, …“ heißt es: „… um Gott zu erkennen.“ Ein großes Versprechen aber vielleicht auch ein großer Hinweis, auf der Suche nach dem Sinn des Lebens und des menschlichen Seins. Bei den universellen Gesetzen heißt es:

Wie oben, so auch unten.
Wie innen, so auch außen.
Mikrokosmos ist gleich Makrokosmos.

Die Schlussfolgerung könnte also sein: Die Innenschau in die eigene Psyche (Mikrokosmos) würde uns das Verständnis des Größeren (Makrokosmos) näher bringen.

Viele Menschen halten Selbsterkenntnis für nicht besonders schwierig und setzen Selbsterkenntnis mit dem eigenen Charakter gleich. Oberflächlich betrachtet stimmt das auch. Fängt der Mensch aber tiefer zu schauen, wird er erkennen, dass die Oberfläche etwas Großes verdeckt. Dass sich unter der Oberfläche ein Kosmos gigantischer Ausmaße befindet.

In diesem Prozess der Auseinandersetzung mit sich selbst trifft der Mensch ganz schnell auf ein Hindernis. Dieses Hindernis ist die Polarität der menschlichen Psyche. Es ist die Spaltung zwischen Ich und Nicht Ich. In seinem Bewusstsein kann der Mensch die allumfassende Einheit der Dinge nicht wahrnehmen. Der Mensch sieht sich selbst als getrennt vom Rest der Welt und erlebt ständig in seinem polaren Bewusstsein Gegensätze und Trennung; erkennt aber nicht, dass sich die Gegensätze ergänzen und bedingen. Ein gutes Beispiel dafür ist der eigene Atem. Das Einatmen bedingt das Ausatmen und das Ausatmen zieht das Einatmen nach sich. Das Einatmen ist nicht gut und das Ausatmen ist nicht böse. Das Eine bedingt das Andere. Zusammen ergeben sie eine Einheit.

Um sich zum Beispiel materiell als reich zu erleben, braucht man Menschen, die viel weniger haben. In einer armen Gegend wird sich ein Mensch mit einer Villa und einem schönem Auto wahrscheinlich als reich sehen. In einer noblen Gegend, wo die Nachbarn mehrere schicke Autos in der Garage haben und mit einem eigenen Helikopter zum eigenen Flugzeug fliegen, wird sich der selbe Mensch wahrscheinlich eher als arm empfinden. Man braucht also das Nicht Ich, um das Ich besser zu erkennen. Das fällt aber den meisten Menschen sehr schwer.

Was leicht und gut erlernt ist, ist die Trennung. Sie kommt fast in jeder Lebenslage durch die Unterscheidung zwischen entweder / oder. Nachdem der Mensch unterschieden hat, kommt die Wertung und der Mensch sagt „ja“ zu der einen Hälfte und „nein“ zu der anderen Hälfte. Mit dem, zu dem er „ja“ gesagt hat, ist er bereit sich zu identifizieren und das zu pflegen und das Andere, zu dem er „nein“ gesagt hat, fängt er an zu bekämpfen. Es ist das, was er in seinem Leben nicht haben will, was störend ist.

Der Mensch kann schwer akzeptieren, dass die Gegensätze nur Aspekte der selben Sache sind.

Fortsetzung folgt …